Sophie Hannah „Die Monogramm-Morde“

Der berühmte Kollege Sherlock Holmes trägt seine Fälle schon lange einer Vielzahl an Autor*innen zu – bei der belgischen Spürnase Hercule Poirot war die geneigte Leserschaft bislang auf die 33 Romane und Kurzgeschichtensammlungen von Agatha Christie angewiesen. In der Erkenntnis, dass durchaus ein Interesse an neuen Geschichten über Poirot besteht, beauftragten die Erben Christies Sophie Hannah, weitere Fälle zu dokumentieren.

„Die Monogramm-Morde“ beginnen damit, dass Hercule Poirot in einem Café einer jungen Dame begegnet, die um ihr Leben fürchtet, aber gleichzeitig der Ansicht ist, dass sie den Tod verdient habe. Noch ehe es Poirot gelingt, Näheres zu erfahren, verlässt die junge Frau fluchtartig das Lokal. Kurz darauf wird der Meisterdetektiv von dem befreundeten Polizisten Edward Catchpool zu einem merkwürdigen Fall hinzugezogen: Scheinbar zu einem identischen Zeitpunkt werden in einem Hotel die Leichen von drei Gästen aufgefunden, die gemeinsam anreisten. In ihren Mündern findet sich je ein monogrammierter Manschettenknopf. Poirot – bemerkend, dass Manschettenknöpfe nur in Paaren Sinn ergeben – vermutet einen Zusammenhang …

Die literarische Rückkehr von Hercule Poirot ist leider nur mäßig gelungen. Alle Zutaten für ein kulinarisches Krimispektakel sind vorhanden: Mysteriöse Morde, falsche Spuren, düstere Geheimnisse in der Vergangenheit – aber munden will es nicht. Zwar ist der Fall am Ende schlüssig, doch nur, weil das Ganze äußerst konstruiert ist. Wie Christie führt auch Hannah die Leser auf falsche Fährten, doch wo die Auflösung bei Christie natürlich wirkt, funktioniert es hier nur, weil die Autorin möchte, dass es funktioniert.

Ein weiteres Ärgernis ist Ich-Erzähler Edward Catchpool, der die Funktion von Hastings, Japp oder Colonel Race einnimmt. Auch wenn es zum Ton dieser Romane gehört, dass die Polizei etwas dümmer, als die Detektive sind, nervt Catchpool mit seiner konstant zur Schau gestellten Begriffstutzigkeit mit jeder Seite mehr.

Poirot selbst ist weitestgehend gut getroffen, auch wenn Hannah es an manchen Stellen mit der Exzentrik übertreibt und die Leser die Kröte schlucken müssen, dass der pingelige Belgier tatsächlich zeitweise in einer WG hausen würde.

Fazit: Mittelmäßiger Krimi, der leider die Erwartungen nicht erfüllt. Ich gebe Sophie Hannahs Poirot mit dem nächsten Fall noch eine Chance und hoffe auf Besserung, aber für „Die Monogramm-Morde“ kann ich nur knapp drei von fünf Manchettenknöpfe vergeben. (Gleichwohl es mir, ebenso wie Poirot, im Doppelpaar besser gefallen würde).

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Sophie Hannah „Die Monogramm Morde“

Je suis de retour, mes amis.
Auch wenn Agatha Christie schon seit einiger Zeit nicht mehr unter uns weilt, ist es Hercule Poirot gelungen, eine weitere Autorin davon zu überzeugen, seine Geschichten niederzuschreiben.
Sophie Hannah erzählt die Geschichte der Monogramm Morde, welche den Leser in das Jahr 1929 führt und hauptsächlich in London spielt. Hercule Poirot benötigt eine Auszeit von seinem alltäglichen Geschäft und hat sein Zuhause gegen eine Pension eingetauscht. Natürlich muss auch diese seinen hohen Ansprüchen genügen und so befindet sich die Pension nur einen Steinwurf von seinem eigentlichen Zuhause entfernt.
Und doch, seine Profession lässt ihn auch in der selbst verordneten Pause nicht in Ruhe, denn während eines Besuches in seinem momentanen Lieblingscafé kommt es, wie es kommen muss, und eine junge Frau bittet ihn um Hilfe. Der Tod würde sie verfolgen und auch wenn sie ihn zurecht erwarte, habe sie Angst davor. Sprach es und ward vom Erdboden verschluckt. Niemand sieht diese junge Frau mehr, dafür tauchen allerdings in einem Hotel gleich drei Leichen auf. Signiert mit Manschettenknöpfen. Und so sehr sich Poirot eine Pause gewünscht hat, nun ist sie vorbei.

Ein Pastiche zu schreiben ist in meinen Augen eine noch größere Kunst, als einen eigenen Krimi oder Roman zu schreiben. Sicherlich der Name der Figur zieht die Aufmerksamkeit auf sich und muss nicht erst um Aufmerksamkeit kämpfen, wie es jeder andere neue Ermittler tun muss. Doch wird das Pastiche immer an dem Original gemessen. Hier gibt es dann drei Möglichkeiten; entweder es ist zu sehr eine Kopie des Originals oder es ist viel zu frei interpretiert oder es ist wirklich gut.

Sophie Hannah versucht in ihrem Buch den berühmten Mittelweg zu finden. Sie übernimmt die Figur Hercule Poirot stellt ihm aber keinen bekannten Sidekick zur Seite, sondern entwickelt ihre eigene Figur Catchpool, eine Mischung aus Hastings und Japp. Allerdings wird Catchpool keiner der beiden Figuren wirklich gerecht und stümpert oftmals durch das Buch, dass man ein wenig Zweifel hat, wie Scotland Yard mit solchen Polizisten klar kommen soll.
Der Fall ansich, der Spannungsbogen und das grande finale sind sehr im Stil von den Agatha Christies Geschichten gehalten.
Mich regt allerdings Catchpools Art oftmals auf und auch die Geschichte reicht nicht an die kleinen Finessen von Agatha Christie heran. 
Catchpool und Poirot ermitteln oftmals getrennt voneinander und wie so oft, gibt der Sidekick seine Informationen an Poirot und an den Leser weiter, aber Poirot hüllt sich in Schweigen.
Viele Nebenfiguren tauchen in der Geschichte auf, viele Finten werden gelegt, viele Geheimnisse entdeckt und gelüftet. Alles in allem, alles was ein großer Detektivroman brauchen würde, aber meine grauen Zellen fanden die Originale einfach besser (und dabei ist Poirot nicht mein liebster Detektiv.)

3 von 5 grauen Zellen

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Nathan Winters „Der Zug aus Enfield“

Und ich kämpfe mich frei aus dem Londoner Nebel um euch eine weitere Rezension zu dieser Buchreihe zu präsentieren.
Oftmals haben es Folgebände einer Buchreihe nach einem guten Debüt schwer, an die Erwartungen der Leser anzuknüpfen. Die Protagonisten sind eingeführt, das Setting ist gesetzt, die Handlungsweisen der Figuren sind erstmal vorgegeben.Gerade der zweite Band entscheidet somit oft, ob die Serie fortgesetzt wird, wie sich die Figuren entwickeln und ob die Leser die Entwicklungen der Protagonisten nachvollziehen können.Na, seid ihr jetzt neugierig?Nach dem Motto, wann sagt sie jetzt endlich was zu dem Buch?Ok, ok, genug der Einleitung…
Der zweite Band setzt kurze Zeit nach dem Ende des ersten ein und beginnt mit einem Überfall auf einen Zug. Ein Zug, der wertvolle Fracht geladen hat, für den auch ein paar Tote in Kauf genommen werden.Robert Edwards wird zum Tatort gerufen und schnell zeigt sich, dass es nicht einfach nur ein Überfall war, sondern dass sehr viel mehr dahinter steckt. Auskünfte werden Robert Edwards von Anfang an verweigert, ihm werden Steine in den Weg gelegt und oftmals kann er nur durch das beherzte Eingreifen von Celeste Summersteen überhaupt noch neue Erkenntnisse erlangen, da seine eigenen Wege ihm verstellt werden.Der zweite Band der Serie ist etwas brutaler als der erste Band und lebt davon, dass die viktorianische Zeit ein gesellschaftliches Pulverfass war. Das hilft dem Buch die wahren Täter relativ lange zu verschleiern, da es einfach zu viele Gruppierungen gibt, die sich einen Vorteil aus dem Überfall versprechen könnten. Mit viel Witz und Charme wird der zweite Band über Celeste Summersteen und Robert Edwards erzählt. Es tauchen bekannte Figuren aus dem ersten Band auf, die man bereits schätzen gelernt hat und der Autor führt auch ein paar neue Figuren ein, über die ich oft  lachen musste.Für mich ein gelungener zweiter Band. Ich bin gespannt, ob es ein weiteres Buch geben wird. 😀
4,5 von 5 Detektiven

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Interview mit Celeste Summersteen und Inspector Edwards

Habt ihr schon einmal erlebt, dass Romanfiguren zu Leben erwachen? Nicht in einem Buch versteht sich. Nein, so richtig. In der Viktorianischen Zeit und auch kurz danach gab es Menschen, die glaubten, Sherlock Holmes sei eine echte Person und die Geschichten um ihn und Watson seien ihre ureigenen Abenteuer. Glaubt ihr nicht? Na dann schaut mal hier. Auch heutzutage können Romanfiguren Interviews führen. Seid gespannt….

1) Welche Geschichte würdet ihr erzählen, wenn Nathan Winters euch eure Geschichten nicht vorgeben würde?Celeste: Ich würde vielleicht die Geschichte meiner Kindheit und mein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern beschreiben. Meinem Bruder würde ich gleich mehrere Kapitel widmen. Er war der Einzige, der mich wirklich verstanden hat.
Das wäre dann aber definitiv kein Kriminalroman. Eher ein Drama.

Edwards: Bei mir wären es meine Erlebnisse während meiner Zeit in der Armee. Da ist soviel passiert, da gäbe es eine Menge zu erzählen. Die Geschichte müsste aber jemand anderes schreiben. Ich bin nicht gut im Geschichten erzählen.

2) Was schätzt ihr aneinander?
(Celeste wirft einen Blick auf Edwards) So grummelig und abweisend der Inspector auch auf den ersten Blick erscheinen mag, so habe ich ihn doch auch anders kennengelernt. Es steckt ein gutes Herz in ihm und er steht zu seinem Wort. Das ist eine Eigenschaft, die ich an meinen Mitmenschen sehr schätze. Und an Inspector Edwards ganz besonders. Ich glaube inzwischen vertrauen wir auch einander.

Edwards: Miss Summersteen, wenn Sie mich verlegen machen wollten, ist Ihnen das nicht gelungen. Dennoch muss ich zugeben, dass ich mich geschmeichelt fühle. Nun, was Miss Summersteen betrifft bewundere ich ihren Mut, manchmal würde ich es auch Leichtsinn nennen…  Ihre Klugheit und ihre Hartnäckigkeit, mit der sie mich gern zur Weißglut treibt.

3) Mit welcher literarischen Figur würdet ihr gerne einmal zusammen ermitteln?
Celeste: Da wären sicher die Figuren von Mr. Poe zu nennen. Auch wenn ich auf mich acht geben müsste, um nicht in den gleichen Wahnsinn zu verfallen wie viele seiner Protagonisten.

Edwards: Außer Fallakten und gelegentlich der Times lese ich nicht. Dafür habe ich keine Zeit.

4) Celeste, hat es dich sehr bedrückt nicht nach Amerika zurückzukehren? Inspector Edwards sind Sie froh, dass sie blieb?
Celeste: Wenn ich ehrlich bin, habe ich es nicht eilig nach Amerika zurückzukehren. Mir gefällt es in London, wenn ich auch Schwierigkeiten mit der Borniertheit mancher Engländer habe, genieße ich meinen Aufenthalt hier. Wissen Sie, für mich bedeutete die Entfernung zu Mr. Pinkerton und meiner Familie eine gewisse Freiheit.

Edwards: (druckst herum) Sie macht ihre Arbeit … ganz ordentlich. Andererseits, würde sie sich dann hier nicht mehr in Lebensgefahr bringen und ich müsste mir nicht ständig Sorgen um sie machen. Das wäre dann Pinkertons Problem. …Aber ich denke Miss Summersteen würde mir fehlen. Sie sehen also, es ist ein zweischneidiges Schwert.

(Celeste sieht Edwards scharf an, verkneift sich aber einen Kommentar.)

5) Auch wenn viele Bücher zu eurer Zeit noch nicht erschienen sind, welche Abenteuer welches Ermittlers würdet ihr hier gerne vorgestellt sehen?
Celeste: Ich liebe die Klassiker. Besonders Holmes und Hercule Poirot. Ich mag aber auch die neueren Bücher, besonders die, die im viktorianischen England spielen. Da gibt es eine so große Zahl, die alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber um einen Autor zu nennen, würde mir Anthony Horowitz einfallen.  

Edwards:  Wie gesagt ich habe kaum Zeit zum Lesen. Wenn ich mich entspannen will gehe ich in den Pub und spiele Billard. Manchmal lasse ich auch die Fäuste im Boxring kreisen.
Aber mir fällt gerade ein, dass es da tatsächlich ein Buch gibt, das ich zur Zeit lese. Lassen Sie mich kurz über den Titel nachdenken.

6) Welches Buch liegt bei euch privat auf dem Nachtschrank?
Celeste: „Die Tinktur des Todes“ von Ambrose Perry.

Edwards : Es ist mir eingefallen. The Five von Hallie Rubenhold. Wie ich finde ein sehr gutes und wichtiges Buch. In ihm werden die Leben der fünf Frauen vorgestellt, die von Jack the Ripper ermordet wurden. Bei ihnen als Mordopfer wird oft vergessen, dass es sich um Menschen gehandelt hat, die ein Leben hatten und durch ihren Tod einem Wahnsinnigen zu ewigem, zweifelhaften Ruhm verholfen haben. Als Polizist sieht man allzu oft nur die Leiche, vergisst aber den Menschen, der er einmal war.

7) Aus Ihrer professionellen Sicht, Inspektor Edwards, was halten Sie von Privatdetektiven und Hobbyermittlern?
(Edwards räuspert sich und strafft die Schultern.)

Aus meiner Sicht sollte Polizeiarbeit auch Polizeiarbeit bleiben. Personen die keine Ahnung haben, wie solche Dinge gehandhabt werden, behindern die Polizei oder bringen sich im schlimmsten Fall selbst in Gefahr. Ich lehne die Hilfe von Amateuren strikt ab. (Er räuspert sich erneut) Aber es gibt sicher Ausnahmen von der Regel, die selbst einen alten Knochen wie mich noch überraschen können. (Er wirft Celeste ein schelmisches Grinsen zu)

8) Warum glaubt ihr, dass gerade das Viktorianische Zeitalter sich so gut für Detektivgeschichten eignet?
Celeste: Es ist eine tolle Zeit, die Welt ist im Wandel der industriellen Revolution. Es gibt so viele Möglichkeiten, die es hundert Jahre zuvor noch nicht gegeben hat.
Natürlich hat sie ihre Schattenseiten, aber dafür gibt es ja Menschen wie Inspector Edwards und mich um sich den Schatten entgegenzustellen.

Edwards: Besonders London ist ein Schmelztiegel in dem viele Kulturen zusammen kommen. Das sorgt für Konflikte und sicher trägt auch das englische Wetter das seine dazu bei eine „besondere“ Stimmung zu schaffen. Ich denke es fasziniert die Leute uns durch schlecht beleuchtete Straßen zu begleiten, während der Nebel aus der Themse kriecht und das Kopfsteinpflaster vom letzten Regen glänzt.

Celeste: Inspector Edwards, wenn Sie so erzählen bekomme ich eine Gänsehaut. An Ihnen ist ein Literat verloren gegangen. (Celeste nickt anerkennend.)

Edwards: Danke, Miss Summersteen. Aber das Schreiben überlassen wir doch besser Mr. Winters.

9) Euer Autor hört gerade mal nicht zu, welches seiner beiden Bücher „Das Geheimnis der Madame Yin“ oder „Der Zug von Enfield“ findet ihr besser?
Celeste: Ich mag das Geheimnis der Madame Yin. In diesem Buch habe ich meinen ersten Kontakt mit London und natürlich mit dem Inspector. Wenn unser erstes Zusammentreffen auch alles andere als harmonisch war.

(Beide grinsen)

Und ich habe die wunderbare Dorothea Ellingsford kennengelernt und meinen Kutscher Mr. Gold, der mir ein guter Freund geworden ist. Und nicht zu vergessen war es mein erster Fall, an dem ich alleine arbeiten durfte.

Edwards: Bei mir ist es „Der Zug aus Enfield.“ Ich will Ihren Lesern nicht zu viel verraten, aber ich konnte Schaden vom Empire abwenden und hatte zugleich das Privileg den Premierminister kennenzulernen.
Eine große Ehre.

10) Was erwartet einen interessierten Leser in euren Büchern?
(Edwards überlässt es Celeste zu antworten.)
Celeste: Beide Fälle in denen wir ermittelt haben, haben uns auf verschiedenste Charaktere treffen lassen, einige wahren sehr interessant und andere haben uns in einen seelischen Abgrund sehen lassen. Das Schicksal mancher Mitmenschen hat mich zutiefst berührt, auch wenn ich ihr Handeln bis heute nicht verstehen kann. Unsere Ermittlungen führten uns sowohl in die Häuser der Oberschicht und das „De Keysers“ in dem ich wohnte ist wirklich ein wunderschönes Hotel, aber auch in die dunklen Gassen des East Ends. Ich glaube die Leser können den Nebel und die Themse ebenso riechen, spüren und vielleicht sogar schmecken, wie wir es getan haben.   Zudem waren beide Fälle voller Gefahren um nicht zu sagen lebensgefährlich.

Na? Hab ich euch zuviel versprochen? Schaut euch doch noch einmal den vorigen Beitrag an, hier findet ihr die Rezension zum ersten Band um Celeste und Inspector Edwards. In den nächsten Tagen folgt auch die Rezension zu Band zwei.

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Barry Anthony „Mord an der Music Hall“

Wie schreibt man heutzutage einen Thriller? Man guckt sich im Internet oder in den sozialen Medien um, findet daraufhin die eigene Idee auf der Straße, mischt eventuell ein bißchen Lokalkolorit hinein, um sich ein wenig von den anderen abzuheben und fertig ist der Thriller. Ja? Oder doch eher nein?
Bei den von uns bevorzugten viktorianischen Krimis ist das schon ein wenig schwieriger. Sicherlich hat Arthur Conan Doyle in seiner Zeit über seine Zeit geschrieben, doch Autoren von heute kennen (durch den Mangel an Zeitreisen) nicht das Flair der viktorianischen Ära. Sie müssen daher die Zeit für sich selbst unter die Lupe nehmen und Recherchen betreiben, wenn sie nicht einfach einen Krimi schreiben wollen, der in der damaligen Zeit spielt. Soziale Brennpunkte und Gefüge müssen berücksichtigt werden und auch bei den Todesarten muss man vielleicht den einen oder anderen Kniff weglassen, wenn man das Buch authentisch erscheinen lassen möchte.
So gibt es neben dem eigentlichen Markt der viktorianischen Krimis auch den Markt der Sach- und Fachliteratur über diese Zeit.
Das vorgestellte Buch bezieht sich natürlich auf das Epizentrum der viktorianischen Zeit: London.
Dunkle Gassen, Prostituierte, Bettler und der berühmt berüchtigte Jack the Ripper, der durch die Gassen zieht und sein nächstes Opfer sucht.
Auf gut 350 Seiten stellt Barry Anthony, Historiker und spezialisiert auf die viktorianische Epoche, in 16 Kapiteln vor, wie London zu dieser Zeit war. Fotos, weiterführende Literatur und ein ausführliches Register helfen dem Leser beim Eintauchen in eine Zeit, die für uns heute oftmals eine Gaslight-Romantik offenbart, wobei aber trotz allem viele Bewohner Londons jeden Tag um das nackte Überleben kämpften.
Limericks, Kritiken aus der damaligen Zeit, sowie Abdrucke von Programmheften und vereinzelte Illustrationen, lockern zum einen den Text auf und zum anderen vermitteln sie ein umfangreiches Bild über eine Zeit, die auch heute noch gerne für Krimis und Locked-in-mysteries benutzt wird.

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