Barry Anthony „Mord an der Music Hall“

Wie schreibt man heutzutage einen Thriller? Man guckt sich im Internet oder in den sozialen Medien um, findet daraufhin die eigene Idee auf der Straße, mischt eventuell ein bißchen Lokalkolorit hinein, um sich ein wenig von den anderen abzuheben und fertig ist der Thriller. Ja? Oder doch eher nein?
Bei den von uns bevorzugten viktorianischen Krimis ist das schon ein wenig schwieriger. Sicherlich hat Arthur Conan Doyle in seiner Zeit über seine Zeit geschrieben, doch Autoren von heute kennen (durch den Mangel an Zeitreisen) nicht das Flair der viktorianischen Ära. Sie müssen daher die Zeit für sich selbst unter die Lupe nehmen und Recherchen betreiben, wenn sie nicht einfach einen Krimi schreiben wollen, der in der damaligen Zeit spielt. Soziale Brennpunkte und Gefüge müssen berücksichtigt werden und auch bei den Todesarten muss man vielleicht den einen oder anderen Kniff weglassen, wenn man das Buch authentisch erscheinen lassen möchte.
So gibt es neben dem eigentlichen Markt der viktorianischen Krimis auch den Markt der Sach- und Fachliteratur über diese Zeit.
Das vorgestellte Buch bezieht sich natürlich auf das Epizentrum der viktorianischen Zeit: London.
Dunkle Gassen, Prostituierte, Bettler und der berühmt berüchtigte Jack the Ripper, der durch die Gassen zieht und sein nächstes Opfer sucht.
Auf gut 350 Seiten stellt Barry Anthony, Historiker und spezialisiert auf die viktorianische Epoche, in 16 Kapiteln vor, wie London zu dieser Zeit war. Fotos, weiterführende Literatur und ein ausführliches Register helfen dem Leser beim Eintauchen in eine Zeit, die für uns heute oftmals eine Gaslight-Romantik offenbart, wobei aber trotz allem viele Bewohner Londons jeden Tag um das nackte Überleben kämpften.
Limericks, Kritiken aus der damaligen Zeit, sowie Abdrucke von Programmheften und vereinzelte Illustrationen, lockern zum einen den Text auf und zum anderen vermitteln sie ein umfangreiches Bild über eine Zeit, die auch heute noch gerne für Krimis und Locked-in-mysteries benutzt wird.

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