Interview mit Celeste Summersteen und Inspector Edwards

Habt ihr schon einmal erlebt, dass Romanfiguren zu Leben erwachen? Nicht in einem Buch versteht sich. Nein, so richtig. In der Viktorianischen Zeit und auch kurz danach gab es Menschen, die glaubten, Sherlock Holmes sei eine echte Person und die Geschichten um ihn und Watson seien ihre ureigenen Abenteuer. Glaubt ihr nicht? Na dann schaut mal hier. Auch heutzutage können Romanfiguren Interviews führen. Seid gespannt….

1) Welche Geschichte würdet ihr erzählen, wenn Nathan Winters euch eure Geschichten nicht vorgeben würde?Celeste: Ich würde vielleicht die Geschichte meiner Kindheit und mein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern beschreiben. Meinem Bruder würde ich gleich mehrere Kapitel widmen. Er war der Einzige, der mich wirklich verstanden hat.
Das wäre dann aber definitiv kein Kriminalroman. Eher ein Drama.

Edwards: Bei mir wären es meine Erlebnisse während meiner Zeit in der Armee. Da ist soviel passiert, da gäbe es eine Menge zu erzählen. Die Geschichte müsste aber jemand anderes schreiben. Ich bin nicht gut im Geschichten erzählen.

2) Was schätzt ihr aneinander?
(Celeste wirft einen Blick auf Edwards) So grummelig und abweisend der Inspector auch auf den ersten Blick erscheinen mag, so habe ich ihn doch auch anders kennengelernt. Es steckt ein gutes Herz in ihm und er steht zu seinem Wort. Das ist eine Eigenschaft, die ich an meinen Mitmenschen sehr schätze. Und an Inspector Edwards ganz besonders. Ich glaube inzwischen vertrauen wir auch einander.

Edwards: Miss Summersteen, wenn Sie mich verlegen machen wollten, ist Ihnen das nicht gelungen. Dennoch muss ich zugeben, dass ich mich geschmeichelt fühle. Nun, was Miss Summersteen betrifft bewundere ich ihren Mut, manchmal würde ich es auch Leichtsinn nennen…  Ihre Klugheit und ihre Hartnäckigkeit, mit der sie mich gern zur Weißglut treibt.

3) Mit welcher literarischen Figur würdet ihr gerne einmal zusammen ermitteln?
Celeste: Da wären sicher die Figuren von Mr. Poe zu nennen. Auch wenn ich auf mich acht geben müsste, um nicht in den gleichen Wahnsinn zu verfallen wie viele seiner Protagonisten.

Edwards: Außer Fallakten und gelegentlich der Times lese ich nicht. Dafür habe ich keine Zeit.

4) Celeste, hat es dich sehr bedrückt nicht nach Amerika zurückzukehren? Inspector Edwards sind Sie froh, dass sie blieb?
Celeste: Wenn ich ehrlich bin, habe ich es nicht eilig nach Amerika zurückzukehren. Mir gefällt es in London, wenn ich auch Schwierigkeiten mit der Borniertheit mancher Engländer habe, genieße ich meinen Aufenthalt hier. Wissen Sie, für mich bedeutete die Entfernung zu Mr. Pinkerton und meiner Familie eine gewisse Freiheit.

Edwards: (druckst herum) Sie macht ihre Arbeit … ganz ordentlich. Andererseits, würde sie sich dann hier nicht mehr in Lebensgefahr bringen und ich müsste mir nicht ständig Sorgen um sie machen. Das wäre dann Pinkertons Problem. …Aber ich denke Miss Summersteen würde mir fehlen. Sie sehen also, es ist ein zweischneidiges Schwert.

(Celeste sieht Edwards scharf an, verkneift sich aber einen Kommentar.)

5) Auch wenn viele Bücher zu eurer Zeit noch nicht erschienen sind, welche Abenteuer welches Ermittlers würdet ihr hier gerne vorgestellt sehen?
Celeste: Ich liebe die Klassiker. Besonders Holmes und Hercule Poirot. Ich mag aber auch die neueren Bücher, besonders die, die im viktorianischen England spielen. Da gibt es eine so große Zahl, die alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber um einen Autor zu nennen, würde mir Anthony Horowitz einfallen.  

Edwards:  Wie gesagt ich habe kaum Zeit zum Lesen. Wenn ich mich entspannen will gehe ich in den Pub und spiele Billard. Manchmal lasse ich auch die Fäuste im Boxring kreisen.
Aber mir fällt gerade ein, dass es da tatsächlich ein Buch gibt, das ich zur Zeit lese. Lassen Sie mich kurz über den Titel nachdenken.

6) Welches Buch liegt bei euch privat auf dem Nachtschrank?
Celeste: „Die Tinktur des Todes“ von Ambrose Perry.

Edwards : Es ist mir eingefallen. The Five von Hallie Rubenhold. Wie ich finde ein sehr gutes und wichtiges Buch. In ihm werden die Leben der fünf Frauen vorgestellt, die von Jack the Ripper ermordet wurden. Bei ihnen als Mordopfer wird oft vergessen, dass es sich um Menschen gehandelt hat, die ein Leben hatten und durch ihren Tod einem Wahnsinnigen zu ewigem, zweifelhaften Ruhm verholfen haben. Als Polizist sieht man allzu oft nur die Leiche, vergisst aber den Menschen, der er einmal war.

7) Aus Ihrer professionellen Sicht, Inspektor Edwards, was halten Sie von Privatdetektiven und Hobbyermittlern?
(Edwards räuspert sich und strafft die Schultern.)

Aus meiner Sicht sollte Polizeiarbeit auch Polizeiarbeit bleiben. Personen die keine Ahnung haben, wie solche Dinge gehandhabt werden, behindern die Polizei oder bringen sich im schlimmsten Fall selbst in Gefahr. Ich lehne die Hilfe von Amateuren strikt ab. (Er räuspert sich erneut) Aber es gibt sicher Ausnahmen von der Regel, die selbst einen alten Knochen wie mich noch überraschen können. (Er wirft Celeste ein schelmisches Grinsen zu)

8) Warum glaubt ihr, dass gerade das Viktorianische Zeitalter sich so gut für Detektivgeschichten eignet?
Celeste: Es ist eine tolle Zeit, die Welt ist im Wandel der industriellen Revolution. Es gibt so viele Möglichkeiten, die es hundert Jahre zuvor noch nicht gegeben hat.
Natürlich hat sie ihre Schattenseiten, aber dafür gibt es ja Menschen wie Inspector Edwards und mich um sich den Schatten entgegenzustellen.

Edwards: Besonders London ist ein Schmelztiegel in dem viele Kulturen zusammen kommen. Das sorgt für Konflikte und sicher trägt auch das englische Wetter das seine dazu bei eine „besondere“ Stimmung zu schaffen. Ich denke es fasziniert die Leute uns durch schlecht beleuchtete Straßen zu begleiten, während der Nebel aus der Themse kriecht und das Kopfsteinpflaster vom letzten Regen glänzt.

Celeste: Inspector Edwards, wenn Sie so erzählen bekomme ich eine Gänsehaut. An Ihnen ist ein Literat verloren gegangen. (Celeste nickt anerkennend.)

Edwards: Danke, Miss Summersteen. Aber das Schreiben überlassen wir doch besser Mr. Winters.

9) Euer Autor hört gerade mal nicht zu, welches seiner beiden Bücher „Das Geheimnis der Madame Yin“ oder „Der Zug von Enfield“ findet ihr besser?
Celeste: Ich mag das Geheimnis der Madame Yin. In diesem Buch habe ich meinen ersten Kontakt mit London und natürlich mit dem Inspector. Wenn unser erstes Zusammentreffen auch alles andere als harmonisch war.

(Beide grinsen)

Und ich habe die wunderbare Dorothea Ellingsford kennengelernt und meinen Kutscher Mr. Gold, der mir ein guter Freund geworden ist. Und nicht zu vergessen war es mein erster Fall, an dem ich alleine arbeiten durfte.

Edwards: Bei mir ist es „Der Zug aus Enfield.“ Ich will Ihren Lesern nicht zu viel verraten, aber ich konnte Schaden vom Empire abwenden und hatte zugleich das Privileg den Premierminister kennenzulernen.
Eine große Ehre.

10) Was erwartet einen interessierten Leser in euren Büchern?
(Edwards überlässt es Celeste zu antworten.)
Celeste: Beide Fälle in denen wir ermittelt haben, haben uns auf verschiedenste Charaktere treffen lassen, einige wahren sehr interessant und andere haben uns in einen seelischen Abgrund sehen lassen. Das Schicksal mancher Mitmenschen hat mich zutiefst berührt, auch wenn ich ihr Handeln bis heute nicht verstehen kann. Unsere Ermittlungen führten uns sowohl in die Häuser der Oberschicht und das „De Keysers“ in dem ich wohnte ist wirklich ein wunderschönes Hotel, aber auch in die dunklen Gassen des East Ends. Ich glaube die Leser können den Nebel und die Themse ebenso riechen, spüren und vielleicht sogar schmecken, wie wir es getan haben.   Zudem waren beide Fälle voller Gefahren um nicht zu sagen lebensgefährlich.

Na? Hab ich euch zuviel versprochen? Schaut euch doch noch einmal den vorigen Beitrag an, hier findet ihr die Rezension zum ersten Band um Celeste und Inspector Edwards. In den nächsten Tagen folgt auch die Rezension zu Band zwei.

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