Sir Arthur Conan Doyle „Sherlock Holmes Kanon“

Den gesamten Kanon eines Autoren, oder zumindest den bekanntesten Teil, am Stück zu lesen, hat schon etwas von einer Herausforderung. Einzutauchen in eine ganz eigene Welt, verschachtelt und verschlungen, wie es die Zeit so mit sich brachte, zu wissen, dass die Zeit über die der Autor schreibt, seiner eigenen sehr nahe ist, dass er die Plätze kennt, welche er in seinen Geschichten benutzt, er die Dinge so gesehen hat, wie er sie später beschreibt. Die von mir gelesene Ausgabe umfasst knapp 2.100 Druckseiten. Seiten, auf denen eine Ikone aufersteht und die Literatur beeinflusst und das bis in die heutige Zeit.
Natürlich ist es schwer zu sagen, wie sich die Literatur ohne Sherlock Holmes entwickelt hätte, aber wenn man sich mit den Autoren beschäftigt, weiß man, dass Agatha Christie von Arthur Conan Doyle inspiriert war. Hätte sie ihre Bücher geschrieben, wenn es Sherlock Holmes nicht gegeben hätte?
Alle anderen Autoren, die auf dem Prinzip des Detektiv-Gehilfe-Gespann aufbauen, wären sie auf ihre Ideen gekommen, wenn sie nicht vorher Sherlock Holmes gelesen hätten?
Heutzutage wirken die Geschichten um Sherlock Holmes, Dr. John Watson und die wechselnden Polizisten seicht und nicht wirklich spannend, wenn man dagegen die blutigen Thriller oder anderweitigen Krimis liest, aber man bedenke, die Bücher erschienen vor über hundert Jahren. Probleme, die in den Büchern besprochen werden, waren real passiert und Arthur Conan Doyle war mit seiner Detektivarbeit der wirklichen Polizeiarbeit in Systematik und Struktur weit voraus. Nicht von ungefähr kommen die „Profis“ zu Sherlock Holmes, der seine eigenen Experimente, Studien betreibt und auch kurze Abhandlungen schreibt, weil es das alles einfach zu dem Zeitpunkt noch nicht gibt.
Also was bedeutet es, einen solchen Kanon zu lesen?
Sicherlich sind nicht alle Geschichten gleich gut, das steht hier auch nicht zur Debatte. Man merkt, dass Arthur Conan Doyle seinen Detektiv zwischendurch so richtig satt hatte und es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass er mehrere Jahre mit dem Schreiben pausiert hat.
Doch der Kanon ist mehr als eine Aneinanderreihung von 4 Romanen und 56 Kurzgeschichten, der Roman spiegelt die viktorianische Zeit und gerade das englische Leben wider. Regeln, über Regeln, Etikette und ganz viel Contenance sind die Steckenpferde, womit Sherlock Holmes sein Geld verdient. Kompromittierende Fotos hier, ein Verfolger dort, gestohlene Diamanten, alles das darf nicht in die Zeitung oder auch erst recht nicht, dürfen Papiere in die Hände von fremdländischen Agenten kommen. Die Vielfalt der Probleme, der sich Sherlock Holmes gegenüber sieht, sind mannigfach und selbst ein vermeintlich kleines Problem, kann sich zu einem Superschurken erwachsen, damit Sherlock Holmes einen würdigen Gegner hat.
Mal lustig, mal wehmütig, werden in dem Kanon, aber auch nur die Erfolge des Detektives geschildert, die Misserfolge bleiben in dem bewussten Depeschenkoffer, bis sie ein neuer Autor für eine Pastiche ans Tageslicht befördert und so ist Sherlock Holmes bis heute hier. Unter uns.

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