Um einer arrangierten Hochzeit zu entgehen, flieht die junge Adlige Charlotte von Winterberg aus Berlin und kommt bei Fleur Fatale unter, die eine Einrichtung für ehemalige Freudenmädchen und gefallene Frauen führt. Bei einem Maskenball der High Society, auf der Charlotte unter ihrem neuen Namen Violet Spenden sammeln soll, wird der streitlustige Sir William durch einen vergifteten Cocktail ermordet. Als sich herausstellt, dass er sein Vermögen der Einrichtung von Fleur vermacht, liegt der Hauptverdacht auf Charlottes neuer Freundin. Sowohl Charlotte als auch der ermittelnde Scotland Yard Beamte Basil Stockworth zweifeln jedoch an Fleurs Schuld. Der Kriminalbeamte, dem Charlottes wahre Identität bekannt ist, hat Sir Williams Angehörige in Verdacht und schlägt Charlotte vor, unerkannt als Gouvernante zu ermitteln. Schon bald zeigt sich, dass es in Sir Williams Familie an Personen, die ein Interesse an dessen Ableben hatten, nicht mangelt. Doch ist es einer von ihnen gewesen?
Klassischer könnte es nicht sein: Ein Giftmord und jede Menge nahestehende Personen mit einem Motiv. Die handwerkliche Qualität des Romans ist bemerkenswert. Jessica Müller versteht es nicht nur, ihre Geschichte in eine elegante Sprache zu kleiden, sondern vermeidet jegliche Länge. Bis zum Schluss bleibt der Roman spannend. Feine Gesellschaftskritik, die zarte Romanze zwischen Basil und Charlotte sowie eine gelungene Zeichnung des viktorianischen Zeitalters tragen dazu bei, die Seiten nur so dahinfliegen zu lassen.
Ein kleiner und einziger Wermutstropfen des Romans ist die Auflösung des Falles. Zwar gibt es in der ersten Hälfte einen gut platzierten Hinweis – und viele geschickte Ablenkungen -, allerdings bedarf es zum Schluss dann doch dem Zufall bzw. ein plötzlich gegebener Hinweis. Hier hätte ich mir etwas mehr Ermittlung gewünscht.
Fazit: „Tod hinter der Maske“ ist ein sehr ansprechend und kurzweilig geschriebener Auftakt einer Krimi-Reihe, die kürzlich mit „Tod in der Glaskugel“ weitergeführt wurde.